Impression aus Boldesți: Die ersten Fundamente sind gegossen
„Wir haben schon einmal angefangen“, erfahre ich, als ich in Boldesți mit Erik und Friederike von der Pfadfinderschaft der FeG ankomme. Zu dritt sind wir unterwegs auf einem Kurztrip zu Acasă. Nun stehen wir auf der Baustelle und betrachten die ersten gegossenen Fundamente. 48 Quadratmeter ist die Grundfläche des ersten Hauses. Wenn der Verein „Light for Roma“ wieder Spenden für den Weiterbau bekommt, geht es weiter. Dann wird die Grundplatte gegossen, die ersten Mauern hochgezogen, Holz für den weiteren Aufbau beschafft. Vor dem Winter soll das erste Haus stehen. Doch werden die benötigten 20.000 € zusammenkommen?
Parallel höre ich die Geschichte, wie man Waisenkind wird. Die Behörden sind unterwegs zu einer Familie mit fünf Kindern. Die Kinder sollen in ein Waisenhaus, da die Behörden sagen, dass die Zustände, in denen die Kinder leben, nicht vertretbar sind. Der Mann ist schwer erkrankt und kann nicht arbeiten. Die Frau versucht die Familie über Wasser zu halten. Die Kinder – aus erster Ehe schwer traumatisiert – benötigen dringend Hilfe: einen sicheren Ort und Menschen, die sich um sie kümmern. Die Familie lebt zwischen einigen Wellblechen auf engem Raum. „Sie haben nichts“, erklärt mir Pastor Viorel. Auf meine Nachfrage, was denn „nichts“ bedeuten würde, antwortet er: „Nichts – außer das, was sie gerade am Leib tragen.“ Parallel zu dem Unternehmen, Waisenkindern ein Heim zu bieten, versucht nun die Gemeinde vor Ort, zu verhindern, dass die Familie auseinandergerissen wird und sucht nach einer Unterkunft, die dem Kindeswohl näherkommt und der Familie im Winter eine Überlebenschance bietet. Noch während unseres Besuchs wird eine vorübergehende Unterkunft gefunden und die Familie zieht in eine kleine sichere Unterkunft.
Die meisten Waisenkinder in Rumänien sind nicht Waisen, weil sie keine Eltern mehr haben, sondern weil die Eltern sich nicht um ihre Kinder kümmern können – aus Armut, Krankheit, wirtschaftlicher Krise…
Die Maßstäbe hier in Boldesți sind andere, als ich sie aus unserer Sozialhilfe kenne. Hier bewegen wir uns sehr nahe am „Wir haben nichts.“ – wortwörtlich.
Doch in allem „Nichts“ treffe ich hier keinen einzigen Christen, der auch nur einmal gejammert hat darüber, dass die Ressourcen zum Helfen gering sind. Vielmehr treffe ich hier auf junge engagierte Christen, die im Vertrauen auf Gott mit selbst oft sehr wenig in den Händen, aber mit fröhlichem Herzen, Menschen helfen wollen, die „nichts haben“. Zum ersten Mal spüre ich, was es heißt, Matthäus 6:33-34 wörtlich auszulegen: „Macht das Reich Gottes zu eurem wichtigsten Anliegen, lebt in Gottes Gerechtigkeit, und er wird euch all das geben, was ihr braucht. Deshalb sorgt euch nicht um morgen, denn jeder Tag bringt seine eigenen Belastungen. Die Sorgen von heute sind für heute genug.“ (Neues Leben.Die Bibel – SCM-Verlag).
Ich verlasse die Baustelle mit dem ermutigenden Gedanken: Gott ist das Fundament, auf dem mein Leben steht. Und gleichzeitig mit der Herausforderung ihm zu vertrauen, dass er mir alles schenkt, um ihm in jeder Lage nachzufolgen.
Marcus Felbick, Referent Pfadfinder
